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Buchempfehlungen

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Menke, Christoph: Theorie der Befreiung, Berlin: Suhrkamp, 2022.

Vor den Sommerferien habe ich das Buch "Theorie der Befreiung" von Christoph Menke gelesen. Das Buch liest sich nicht einfach. Die geäusserten Gedanken lohnen aber die Lektüre. Man könnte auch von einer Art Zen-Theorie "avant la lettre" sprechen. Der Autor dekonstruiert darin unsere herkömmlichen Freiheitsvorstellungen. Sein Punkt: Bei allen gängigen Freiheitsmodellen agieren Menschen immer als Subjekte; und solchen sind per se gesellschaftliche Rollen zugeschrieben. Rollen bringen aber immer Abhängigkeiten mit sich. Da bleibt wenig Platz für eine Freiheit, die hält was der Begriff verspricht. Wo wäre also eine umfassendere Freiheit nach Menke zu finden? Tagtäglich. In der Erfahrung der Faszination, welche uns auf Schritt und Tritt begegnet. Nur haben wir uns es zur Gewohnheit gemacht, dieser Erfahrung keine Beachtung mehr zu schenken (als Kind haben wir es in aller Selbstverständlichkeit dauernd gemacht). Christoph Menke schlägt deshalb vor, sich dieser Erfahrung der Faszination wieder zuzuwenden (ohne irgendwelche Anleitungen dazu bereitzuhalten).

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Han, Byung-Chul: Vita Contemplativa. Oder von der Untätigkeit, Berlin: Ullstein, 2022.

Byung-Chul Han wendet sich gegen die vorherrschende gesellschaftliche Betrachtungsweise, gemäss der Untätigkeit per se defizitär sei. Seine Bezüge zu verschiedenen philosophischen und literarischen Quellen bezeugen im Gegenteil die zentrale Rolle des Sich-Besinnens. Ein Besinnen, welches Nichts-Tun, ja Langeweile voraussetzt. Erst so ergeben sich unkonventionelle Einsichten, die für zukunftsweisende Denk- und Verhaltensmuster offen werden lassen. Wer diesen Übergang vom betriebsblinden Handeln zum lebendigen Sein schafft, der wird sich freier und wacher wiederbegegnen. Ein Schritt hin zu einer humaneren Existenzweise wird möglich. Han empfiehlt daher, die vita activa durch eine vita contemplativa auszubalancieren. Die daraus sich entwickelnde vita composita ermöglicht eine freundliche Haltung gegenüber sich selber, sowie weit darüber hinaus. Grundvoraussetzungen für neue Perspektiven im Leben...

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Mosimann, Martin: Meine Freiheit. Zur Autonomie der Person, Basel: Schwabe, 2022.

Martin Mosimann verteidigt in seinem Buch die Idee der persönlichen Autonomie eines jeden Menschen. Diese Autonomie ist gemäss dem Autor allerdings nicht gratis zu haben. Es setzt im Kern eine dezidierte Selbstwahl voraus, die eine verbindliche Selbstverpflichtung mit sich bringt. Wer diesen Pfad beschreitet, wird - so der Autor - nicht an einen vordefinierten Haltepunkt kommen. Freiheit hat die Eigenart, auf alle Seiten hin immer Freiheit und somit auch immer offen zu bleiben. Wer aber sich selbst verpflichtet bleibt, der wird in dieser ständigen Dynamik des Lebens jederzeit ein verantwortungsbewusster, weil autonomer Akteur bleiben. Liebe, Neugier, Interesse, Phantasie usf. werden dieses verantwortungsbewusste Leben prägend begleiten.

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Ott, Ulrich: Spiritualität für Skeptiker. Wisswenschaftlich fundierte Mediationen für mehr Bewusstheit im Alltag, München: O.W.Barth, 2021.

Ulrich Ott erforscht am Bender Institut of Neuroimaging der Universität Giessen seit Jahrzehnten Wirkungen verschiedener Meditationstechniken auf Psyche und Gehirn. Das Buch bietet einen unverkrampften Einstieg in das  Potenzial der Meditation, untermauert durch zahlreiche, solide wissenschaftliche Erkenntnisse. Zusätzlich enthält es im zweiten Teil Anleitungen zu einfachen aber effektiven Meditationstechniken. Grundlage seiner fruchtbaren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Spiritualität ist Ulrich Ott's sehr offene, von traditionellen religiösen Konzepten losgelöste Definition des Begriffs. So zählt Ott alle Erfahrungen von Verbundenheit im horizontalen Sinn (Verbundenheit mit Menschen, Naturphänomenen, Tätigkeiten usf.) genauso zur Spiritualität, wie die üblicherweise ins Zentrum gestellten vertikalen. Eine Lektüre die gerade für "beginners" einiges zu bieten hat.

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Modler, Karl Werner: Der Ritt auf dem Tiger. Skizzen zur Logik der Sucht, Wien: Passagen, 2009.

Galt noch vor nicht all zu langer Zeit die religiös untermauerte Pflicht, ja nicht dem Spass zu verfallen, muss heute alles dem Diktat, spasstreibend zu sein, unterworfen werden. Karl Werner Modler geht in seinem Buch den tieferen Ursachen dieses gesellschaftlichen Paradigmenwandels nach. Gewichtig sein Hinweis auf die zahlreichen Doublebind-Botschaften in der Werbung ("Enjoy!", "Sei spontan!" usf.), deren verhängnisvollen Wirkungen durch evoziertes Suchtverhalten kaum zu entkommen ist. Dieser "Versüchtelung" der Gesellschaft scheint ein sehnsüchtiger Schrei nach etwas Fundamentalerem innezuwohnen. Modler's Buch regt dazu an, sich mit dieser Sehnsucht näher auseinanderzusetzen und über die dahinter liegenden alltäglichen Verhaltensmuster intensiver nachzudenken.gerade für "beginners" einiges zu bieten hat.

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